Tag 33, von Sarria nach Portomarin (21 km)

Obwohl Sarria mit ca. 12500 Einwohnern zu den größeren Pilgerstädtchen auf dem Camino Frances zählt, war unsere Besichtigungstour relativ schnell beendet.  Die verkehrsgünstig gut gelegene Stadt an der 100-Kilometer-Grenze (Mindestlaufstrecke für Fußpilger um die Compostela zu erlangen) ist nicht gerade eine Schönheit und so war unsere Begeisterung rasch verflogen. Überall findet man Kneipen, Herbergen, Souvenirshops und es wimmelt nur so von „Neupilgern“. Der Aufstieg hoch zum  „Monasterio de la Magdalena“ und der Kirche hätten wir uns schenken können, da beide wieder mal geschlossen waren und so blieb uns nur ein Bummel über die „Pilgerprachtmeile“ mit ihren unzähligen Cafés und Schnellrestaurants.

Prost Mahlzeit ( Adler – Lamm )

Buspilger, auch das gibt´s jetzt immer häufiger

Zumindest besaß unser Hotel lt. Michelinführer eines der besten Restaurants Sarrias und so saßen wir mit vielen amerikanischen „Pilger-Frischlingen“ um 19.30 Uhr beim Abendessen. Auf offenem Feuer wurde im Restaurant gegrillt und der leckere Geruch von gegrilltem Fleisch ließ uns das Wasser im Munde zusammen laufen. Die Bestellung fiel dann auch viel größer als der Hunger aus. Zuerst aßen wir eine köstliche Muschelsuppe, dann ein 500 gr. Ochsenkotelett vom Grill. Medium rare, perfekt gewürzt und super zart war das Steak einfach nur der Hammer – dazu der empfohlene Rotwein und wir waren wunschlos glücklich. Obwohl die Hemden schon verdächtig spannten, gönnten wir uns noch ein Limonensorbet als Nachtisch und einen kleinen Espresso zum Abschluss. Wir hatten einen super Abend, unser Zimmer lag nur drei Stockwerke höher und war mit dem Aufzug – Gott sei Dank – zu erreichen, denn jeder Meter Laufen nach dieser Völlerei wäre jetzt zuviel gewesen. Die Nacht im Federbett war ausgesprochen angenehm aber leider viel zu kurz. Etwas unausgeschlafen saßen wir am Frühstückstisch, der dünne Kaffee brachte nicht wirklich Besserung und so machten wir uns schon kurz vor 8.00 Uhr nach Portomarin auf. Es gibt mal wieder eine vom Führer empfohlene, aber längere Variante. Da diese auch noch landschaftlich viel schöner sein soll, nehmen wir die Mehrkilometer gerne in Kauf. Der Weg zweigt gleich hinter Sarria vom Hauptweg ab und wir überqueren erst eine kleinen alten Steinbrücke, dann die Eisenbahngleise bevor es auf einem Waldpfad steil hoch Richtung Santa Marta geht.

Sarria im Morgennebel

Nur noch 100 Kilometer?

Heinz schimpft auf Grund der „unnötigen“ Höhenmetern zwar wie ein Rohrspatz, aber die Aussicht dort oben entschädigt für die Plagerei. Auf kleinen Höhenstraßen und Feldwegen geht es jetzt immerzu leicht bergauf und bergab durch eine wunderschöne Wald- und Wiesenlandschaft mit kleinen Gehöften und Weilern. Wie immer bei solchen Nebenrouten läuft man alleine und sieht keine Menschenseele geschweige denn Pilger, die sich wieder alle auf dem Hauptweg tummeln. In Peruscallo ist aber die herrliche Ruhe vorbei, der Pilgerstrom hat uns wieder und amüsiert bestaunen wir den Rummel von Pilgern. Da sind Schweizer mit Kuhglocken am Rucksack, Amis mit fetten Lautsprechern und lauter Musik, Busse von Pilgern die wie Ameisen in den kleinen Cafes einfallen. Der blanke Wahnsinn und sicherlich nicht jedermanns Sache. Da es keine Alternativen mehr gibt, laufen auch wir – teilweise im Gänsemarsch – bis nach Ferreiros und machen dann Pause. Der Café con leche und die Tortilla schmecken und hier treffen wir wieder mal auf die Pilgergruppe aus Norddeutschland. Wie immer ist die Freude groß, es gibt einiges zu erzählen und so fällt die Rast viel länger wie ursprünglich geplant aus. Nach knapp einer Stunde und den xxxten Milchkaffee raffen wir uns aber doch auf und es geht auf die letzten Kilometer nach Portomarin.

Demnächst in Santiago ?

Mystische Eichenwälder

Auf dem schmalen Feldweg ist auf Grund der vielen Pilger ein überholen fast unmöglich und so kommen wir nur im Schneckentempo vorwärts. Eine ausgebüxte Jungbullenherde sorgt kurzzeitig für etwas „Abwechslung“, aber bei so viel „Erfahrung“ mit Rindviechern in all den Jahren auf dem Jakobsweg macht uns das nicht wirklich Sorgen. Flott geht es an den Bullen vorbei und bald sehen wir unseren heutigen Zielort Portomarin. Das Städtchen liegt am rechten Ufer des Flusses Mino, der hier in den 60-iger Jahren aufgestaut wurde und den alten Ortskern komplett überflutete. Wenigstens wurden die Kirchen San Nicolás, San Pedro sowie der Palast vor der Flutung abgetragen und im „neuen“ Portomarin wieder aufgebaut. Über die Staubrücke kommen wir direkt in den Ort und finden gleich neben der Kirche San Nicolás eine nette Cevezeria, wo wir wir die heutige Etappe bei einem Bierchen gemütlich ausklingen lassen.

Überholen unmöglich

2 Gedanken zu “Tag 33, von Sarria nach Portomarin (21 km)

  1. Hallo Gerd,
    muss ein besonderes Gefühl sein so nahe am Ziel! Bewundere eure Energie, die gute Laune, die man in jedem Tageskommentar gespürt hat. Freue mich mit dir, dass alles gut geklappt hat, und dass du nicht auf
    C-Gewicht reduziert wurdest 😉 Aber nach dem letzten Foto zu schätzen, bist du nicht mehr weit davon entfernt 🙂 Wird Zeit für ein 7-Gänge Menu.
    Alles Gute, schwinge in Gedanken für dich die chequered flag

    Bernhard

  2. Lieber Paps, lieber Gerd,
    Jetzt noch die letzten Kilometer mit der Horde der Pilgertouristen abreißen und ihr habts geschafft!
    Voller Annerkennung und Repekt grüßen euch aus Bogota,
    Stefan, Andrea, Leo -und seit zwei Tagen Basti und Eva!

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