Unser gestriges Quartier mit dem Namen „Complexo Xacobeo“ war ein Pilgercampus, in dem man sich glatt verlaufen konnte. Da waren Schlafsälen mit unzählig vielen Stockbetten, mehrere Vierbett- und Dreibettzimmern, kleine Doppelzimmer, ein Waschsalon, Küche, Kaminzimmer und wo man hinschaute waren müde und kaputte Pilger. Das nasskalte Wetter machte doch viele mürbe und vor allem asiatischen Pilger hatten so ihre Problemchen. Zähneklappernd saßen sie vor dem Kamin, wärmten sich auf und verarzteten dabei ihre vielen Blasen und Blesuren. Wir konnten gleich beim Einchecken noch ein kleines Doppelzimmer ergattern und nach einer ausgiebigen Materialpflege und Dusche saßen auch wir am Kamin, tranken ein lauwarmes San Miguel und warteten auf´s Abendessen im hauseigenen Restaurant. Dort waren dann später aus fast aller Herren Länder Pilger und die Stimmung war bombastisch. Das Pilgermenü wurde fast Nebensache (Fischsuppe, Hühnchen mit Gemüse, Galicischer Käse mit Bienenwabe war richtig gut), denn es wurde mit Händen und Füßen nicht nur erzählt und gequasselt sondern auch ein Geburtstagsständchen gesungen und so wurde es für Pilgerverhältnisse mal wieder spät. Der Rotweinkonsum sorgte für eine verhältnismäßige ruhige Nacht und nach einem guten Frühstück und einigen Bechern Kaffee brachen wir Richtung Sarria auf. Kaum vor der Tür war der Morgenkater auch schon verschwunden, denn die Sonne lachte uns von einem weißblauen Himmel ins Gesicht und versprach endlich mal einen trockenen Tag.
Heute gab es mehrere Möglichkeiten nach Sarria zu wandern und so entscheiden wir uns für den lt. Führer schönsten Weg über San Xil. Er ist der älteste und landschaftlich reizvollere Camino und auch die 600 Höhenmeter aufwärts schrecken uns nicht. Am Dorfausgang sehen wir zum ersten Mal zwei Pilger auf wunderschönen Araberpferden, die von Katalonien nach Santiago unterwegs sind und wie wir erfahren ihre 30-40 Kilometer am Tag zurücklegen. Da können wir nicht mithalten, auch wenn wir in deren „Windschatten“ durch die liebliche galicische Landschaft leicht bergauf und bergab bis zum Weiler „A Balsa“ hinterher hecheln. Dann wird es richtig steil und nur im Schneckentempo kriechen wir fast einen Kilometern zum Pass von Riocabo hoch. Der felsige Steig ist durch den Regen aufgeweicht, rutschig und wir sind oben angekommen ganz schön groggy. Nach einer kurzen Trinkpause nehmen wir ab hier eine Nebenroute und laufen auf dem Höhenkamm durch wunderschöne Bergwälder. Die Sicht ist hier oben bombastisch und die Ruhe einmalig, nur leider geht´s nach weingen Kilometern auf einem felsigen Bergpfad steil hinunter nach Montán und unsere ganze Konzentration gilt jetzt dem Abstieg. Es ist tierisch glatt, zum Teil morastig und nachdem wir beide je einmal auf dem Hosenboden saßen, sehen wir aus wie die Schweine. Der Bergpfad endet in einen kleinen Feldweg, der uns entlang von saftig grünen Rinderweiden nach Furela führt. In dem kleinen Dorf gibt es nicht wirklich viel, der Tante Emma Laden hat geschlossen aber zum Glück ist die kleinen Cafebar geöffnet.
Der Wirt ist super nett (wir sind auch die einzigen Gäste), der Milchkaffee und das Bocadillo mit Lumo echt gut und so bleiben wir etwas länger, was an dem 4 Wochen alten Mastiffwelpen „Tobi“ liegt, den wir am liebsten gleich mitnehmen würden. Der Kleine ist so richtig in seinem Element, spielt mit uns und pinkelt Heinz zum Dank auf die Wanderschuhe. Na wenn das mal kein gutes Omen ist !!! und so geht´s nach einer traurigen Verabschiedung auf die letzten Kilometer. Zielort heute ist das Pilgerstädtchen Sarria, dass mit seiner guten Infrastruktur alles bietet was der Pilger so braucht. Von hier sind es nur noch 115 km bis Santiago de Compostela und da man für die Compostela nur 100 km laufen muss, ist für viele „Pilger“ hier der Start. Laut unserem Outdoorführer werden wir ab Morgen Menschenmassen auf dem Camino erleben, aber warten wir mal ab. Jetzt geht’s erstmal mit zwei „Schwobe“ aus Stuttgart noch zu einem späten Mittagessen und dann besichtigen wir die Sehenswürdigkeiten Sarrias, vorausgesetzt es gibt sie.