Tag 20, von Lauzerte nach Moissac (30 km, 630 HM⬆)

Nach der anstrengenden gestrigen Etappe hatten wir einen Mordshunger und die Erwartung an die Küche der Gité „Les Figuiers“ war riesig. Punkt 19.00 Uhr stürmten wir mit 27 weiteren Pilgern den Speisenraum und erlebten unser „blaues Wunder“. Die undefinierbare Cremesuppe war nur mit dem großzügigen Einsatz von Salz und Pfeffer schmackhaft, die Kombi „Siedewurst-Ratatouille-süße Feigen“ sehr gewagt und kreativ. Die Kochbirne im Sirup mit Schmalzgebäck war noch das Beste und beim Rosewein war sich Heinz zu hundert Prozent sicher, dass dieser mit Leitungswasser gepanscht wurde. Das anschließende „Gute Nacht“ Bierchen mit den Mädls aus Kölle ließ uns das kulinarische Fiasko fast vergessen und während wir zeitig zu Bett gingen, zechten die rheinischen Schluckspechte?noch ne Flasche Wein.
Vom nächtlichen Gewitter bekamen wir rein gar nichts mit und nach einem schnellen Frühstück mit Automaten- und Malzkaffee brachen wir Richtung Durfort-Lacapelette auf. Der Camino führte bergauf in die Altstadt und dann wieder auf einem Schotterfußweg abwärts zum Hof Le Chartron. Dabei begleitete uns Pilger ein junger verspielter Golden Retriever, der sichtlich seine Freude hatte. Der Hund war ausgebüxt und genoß seine „Freiheit“, aber keine 5 Minuten später kam schon Frauchen im Auto angebraust und versuchte verzweifelt den Hund einzufangen. Frauchen in Unterwäsche und ein Hund der nicht hört, dieses Schauspiel war einmalig. Aber irgendwann war Bello doch im Auto und wir wanderten weiter.

Schleckermaul?

ein Duft, herrlich

Bohnen, Bohnen, Bohnen

Hier gibt´s die leckeren Täubchen

Die Flurstraße führt nun durch ein Waldstück immer bergauf zum Hof Le Chartron, wo wir am Bauernhof ein imposantes altes Taubenhaus auf mächtigen Steinsäulen entdecken. Diese Häuser sind in der Region gar nicht so selten, gelten Tauben doch hier als schmackhafte Delikatesse?und werden deshalb gerne gehalten. Wir durchwandern jetzt mehrere kleine Seitentäler, immer bergauf und bergab. Heinz findet das Ganze sinnlos, aber zähneknirschend findet er keine bessere Alternative. Als kleine Entschädigung entdecken wir immer mehr Kirschen-, Aprikosen- und Feigenplantagen. Diese sind natürlich ein Paradies für uns Schleckermäuler und so wird gerupft und gefuttert. Die Kirschen sind supersüß, bei den Aprikosen muss man gezielt nach reifen Früchten suchen, aber auch hier wir werden fündig und so sinkt unsere Stundenkilometerleistung rapide.
Gegen 12.00 Uhr sind wir endlich in Durfort-Lacapelette und freuen uns auf einen herzhaften Mittagsimbiss. In der Dorfschänke gibt´s leider nur Getränke und so wird im gegenüberliegenden Tante Emma Laden ne deftige Brotzeit gekauft. Schinken, Salami und Baguette sind schnell verputzt und nach einer knappen Stunde Rast brechen wir nach Moissac auf. Es geht bergab zum Bach Lembenne, an dem wir bis zum kleinen Stausee entlang laufen. Das kleine Tal ist wunderschön und die alten Trauerweiden am Grasufer laden förmlich zu einem Mittagsschläfchen ein. Hier und da entdecken wir Pilger die ein Nickerchen halten, aber uns ziehst weiter nach Moissac. An Pflaumenplantagen und Bohnenfelder vorbei, führt uns der Weg dann durch lichte Mischwälder und es gibt ständig was zu entdecken. Hinter dem Weiler Saint-Marie-de-Durfort führt uns ein schmaler Naturpfad kilometerweit entlang eines kleinen Baches mitten durch den dichten Busch. Mächtigen Eichen und Pappeln spenden wunderbaren Schatten und vollkommen überraschend stoßen wir mitten im Dschungel auf eine kleine Lichtung mit einer Hippiekommune.
Ein rauchender Bob Marley Verschnitt steht total relaxed hinter der selbst gezimmerten Holzbar und bietet neben Kalt-/Heißgetränken auch belegte Brote an. Der Kaffee scheint zu schmecken, denn wir entdecken einige bekannte Gesichter die in den Hängematten bei cooler Reggaemusik vor sich hindösen.
Nach Pause ist uns nicht und so geht´s auf dem Trampelpfad weiter. Kurz vor Moissac entscheiden wir uns für die laut Outddorführer bessere Routenvariante und liegen damit sowas von daneben. Der extrem steile Steig hoch auf´s Plateau kostet die letzten Kräfte und die angebliche Superaussicht suchen wir vergeblich. Maßlos enttäuscht und mit schweren Waden erreichen wir nach mehr als 30 Kilometern unsere Unterkunft, die Gité „Ultreia“ (vorwärts, weiter). Geschafft !!! Die Herbergsmutter wirkt etwas überfordert, aber nachdem Rucksack und Schuhe ausgezogen sind, bekommen wir unser schönes kühles Dosenbier, sitzen im netten Innenhof und lassen es uns gutgehen?

Die Drei von der Tankstelle 🙂

Moissac

It`s Reggae Time

6 Gedanken zu “Tag 20, von Lauzerte nach Moissac (30 km, 630 HM⬆)

  1. Hallo Herr Krisinger,
    auch von mir alles Gute und Liebe auf jeden weiteren Weg, Gesundheit , blasenfreie Füße und immer gute Laune.
    Respekt vor den Touren, und 30 km geht eigentlich gar nicht puuuhhh …
    Das Essen klingt aber sehr oft sehr lecker, könnte man glatt mal als Anregung für die heimische Küche nehmen.
    Schöne Grüße
    Renate G.

  2. Alles Gute für ein xundes neues Lebensjahr, lieber Hubertus! Euch allen für heute Abend ein tolles Menu mit allerlei leckeren Gängen (mir läuft bei Euren Aufzählungen oft genug das Wasser im Mund zusammen) und ein angenehmes Schlafgemach für die Nacht. Und natürlich viel Enthusiasmus für die zweite Hälfte Eures Wanderabenteuers.

  3. Lieber Hubertus, herzliche Glückwünsche zu Deinem Geburtstag, vor allem Gesundheit. Lass es Dir mit Deinen Pilgerbrüdern gut gehen! Legt ihr heute einen Ruhetag ein oder geht es weiter nach Auvillar? Egal, laut Trip Advisor gibt es in beiden Städtchen mindestens ein gutes Restaurant.
    Bislang habt ihr trotz einer Menge von Herausforderungen offensichtlich alles gut im Griff. Wir wünschen euch, dass es so bleibt und ihr voller neuer Eindrücke wohlbehalten zurückkommt.
    Hildegard und Joachim

  4. Lieber Hubertus, eben erst in den Kalender geschaut… vor lauter Retriever beinahe übersehen… Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag !!!! Wünsche Dir heute eine weniger anstrengende Tour, angenehmes Wanderwetter und ein tolles Geburtstagsessen !!!

    Liebe Grüße, Evi

  5. Hallo Herr Krisinger,

    herzliche Glückwünsche und alles Gute – nicht nur, aber auch auf Ihrem aktuellen Weg.

    Beste Grüße,

    Lars B.

  6. Hubertus, Du als Experte in Sache Golden Retriever hättest doch der Dame in Unterwäsche behilflich sein können, oder ???? Ihr seid mein morgendlicher Genuss, eine Tasse Kaffee und Euer Pilgerbericht – mal ein ganz herzliches Dankeschön dafür und weiterhin alles Gute Euch Dreien !!!

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