Tag 13, von Genf zum Col du Mont Sion (25 km, 710 HM ⬆, 100 HM ⬇)

Überraschenderweise war die Nacht in der Jugendherberge ruhig und wir schliefen wie die Murmeltiere. So ausgeruht und mit der uns eigenen Altersmilde ausgestattet, stürzten wir uns in das Abenteuer „Frühstück im Speisesaal“. 75, 100 und noch mehr Jugendliche wollten alle nur das eine: Frühstücken!!! Der Lärmpegel ist tierisch, die Schlange vor der Ausgabe endlos und nach gefühlten ewigen Stunden sitzt man erschöpft vor seinem Automatenkaffee, kaut sein Komissbrot mit Streichfett und hört unentwegt das Gequassel von Pubertierenden aller Länder. Wir sind heilfroh, als wir den Ort des Grauens verlassen.
Genfer See - ein Traum

Genfer See – ein Traum

Wir sind bereit für den Aufstieg!

Frankreich wir kommen !

Da Heinz gestern sein Mittagsschläfchen unserem Stadtbummel vorzog, nehmen wir heute die Variante des Jakobsweges durch die Stadt. Das Wetter ist herrlich und wir laufen an der Seepromenade Richtung Altstadt, zur Linken immer in der Ferne den majestätischen schneebedeckten Mont Blanc. Genf hat mit seiner Lage am See, der schönen Altstadt, den vielen Sehenswürdigkeiten, Cafés und Kneipen einfach ein super Flair und man kommt aus dem Staunen gar nicht heraus. Das lassen sich die Schweizer aber auch bezahlen, die Preise sind mehr als gesalzen.
So laufen wir einmal quer durch die Stadt, machen noch kurz einen Abstecher zur Kathedrale St. Pierre (es gab leider keinen Pilgerstempel – sie öffnet erst um 9.30 Uhr), bis nach Carouge.
Grüezi ?

Grüezi ?

In dem kleinen Genfer Vorort fühlt und spürt man sofort italienische bzw. mediterrane Einflüsse. Am Marktplatz mit seinem altrömischen Brunnen wird flaniert, es gibt überall hübsche kleine Geschäfte, Cafes, Bars und Brasserien. Eigentlich müssten wir bleiben, aber da mit dem Col du Mont-Sion noch eine Passüberquerung ansteht, legen wir doch lieber einen Zahn zu.
Heinz probiert in Sachen Tragekomfort bei Wanderschuhen heute mal wieder sein neuestes Geheimrezept: Zwei übereinanderliegende Einlagesohlen in einem Schuh !!! sollen angeblich wahre Wunder bewirken. Schaun wir mal, ob seine Erfindung was taugt !
Es geht nun immer leicht bergauf ins Dörfchen Compesières. Die dortige Burg wurde vom Malteserorden im 15. Jahrhundert gebaut und früher als Pilgerhospiz genutzt, heute ist sie jedoch nur noch ein Museum. Hier bekommen wir unseren Pilgerstempel und wenig später geht’s über das Grenzflüsschen l’Aranda nach Frankreich.
Unser neuer Pilgerbruder

Unser neuer Pilgerbruder

Mach's gut Schweiz

Mach’s gut Schweiz

Wir laufen auf Wald und Wiesenwegen Rchtung Neydens. Kurz vor dem Weiler bestaunen wir eine prächtig gewachsene alte Eichenallee. Die mächtigen Baumkronen spenden endlich den erhofften Schatten, das Thermometer zeigt nämlich mittlerweile 27 Grad und wir schwitzen wie die Ochsen. Zeit für die Mittagsrast und somit geht´s in die nächstbeste Auberge. Das dortige Tagesmenü klingt verlockend: Salatbuffet, Entrecôte mit Pommes, Käse, Dessert, dazu 0,25 ltr. Wein – das Ganze kostet schlappe 15.– Euro und wird sofort bestellt.
Prächtige Eichenalee

Prächtige Eichenalee

Promenaden feeling

Promenaden feeling

Solch zivile Preise sind wir gar nicht mehr gewohnt. Iin der Schweiz kostet ein Bierchen 8 Franken, eine Pizza mindestens 22 Franken und Fleischgerichte sind für uns arme Pilger schier unbezahlbar. Wir sind restlos begeistert und lassen es uns schmecken. Das Essen ist ausgezeichnet und der Wein sehr gut. Vive La France.
Gleich hinter Neydens geht’s dann steil bergauf Richtung Pass. Vielleicht wäre zu Mittag doch ein Salatteller und Wasser statt Wein besser gewesen, aber wer so schlemmt muss da jetzt durch.
Wo man hoch geht muss man auch wieder runter

Lustige Pilgergesellen

Und so kämpfen wir uns erst Schritt für Schritt zur Baumgrenze hoch, um wenig später schon wieder abwärts durch den wunderschönen Bergwald nach Chartreuse de Pomier zu laufen. Das ehemalige Kloster bietet mit seinen gepflegten Gartenanlagen und dem grandiosen Ausblick auf die Berge den Rastplatz schlechthin und hier treffen wir auch Claire, die schon in der Sonne sitzt und ein Päuschen macht. Claire kommt aus Genf und ist heute den ersten Tag auf dem Camino. Ein kurzes Schwätzchen und wenig später ist sie im Wald verschwunden. Buen Camino, Claire.
Pilgerplausch

Pilgerplausch

Verschlungene Pfade

Verschlungene Pfade

Für uns geht’s jetzt noch weiter nach Saint-Blaise. Am alten Bergfriedhof haben wir einen fantastischen Blick auf Genf, in das Tal der Rhone sowie auf die Berge des Jura. Erstmal innehalten und diese tolle Aussicht genießen. Im Tal sehen wir  auch unser Tagesziel Mont Sion und so laufen sich die letzten Kilometer viel leichter. Nachtquartier ist heute das Hotel Rey. Kurz einchecken und wenig später genießen wir in der Abendsonne unser Bierchen im herrlichen Garten der Herberge.

2 Gedanken zu “Tag 13, von Genf zum Col du Mont Sion (25 km, 710 HM ⬆, 100 HM ⬇)

  1. Meine lieben Pilgerbrüder,
    schön, dass Ihr endlich gutes Wetter, viele schöne Eindrücke, wie eine interessante Altstadt,
    herrliche Bergmassive … habt.
    Für morgen wünsche ich euch alles Gute, viel Elan, schönes Wetter…
    und „verpilgert“ euch nicht.
    Herzlichst
    Eure Elli

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert