Was unsere „Herberge“ sowie Essen und Trinken angeht, ist Claude ein sehr guter Gastgeber. Neben dem Schloß vermietet er im schönen Park gut ausgestattete Blockhütten mit Dusche und WC und unsere OBI-Hütte war nicht nur geräumig, es funktionierte auch alles bestens. So geht`s am Abend hoch ins Schloß zum „Diner for Three“. Im herrschaftlichen Salon wird erstmal ein Kir als Aperitif gereicht, dann kocht der Hausherr groß auf. Die kleinen getoasteten Baguettescheiben mit Olivenpaste sind schnell verputzt, als Vorspeise gibt`s dann ne leckere Hauswurst im Briocheteig (Lyoner Spezialität). Es folgt ein köstliches Brathähnchen mit Ravioligratin, zum Abschluß Käse und eine gute Crème Caramel. Der leckere Rotwein schmeckt und Heinz sowie Hubertus haben einen Mordsappetit. Ihre Teller sind aufgeladen und sie schmausen bis die Hemd-Knopfleisten verdächtig spannen. „Morgen haben wir eine sehr schwere Etappe“ ist die Begründung und so lassen es sich die beiden gut gehen. Nach dem Kaffee, die versprochene Infusion (Digestif) hatte der Hausherr leider vergessen, ging es gegen elf in die Kojen.
Nach einer ruhigen Nacht saßen wir pünktlich beim Frühstück und starteten gegen 8.00 Uhr. Claude wünschte uns noch herzlichst „Bon Voyage“ und wenig später kämpften wir uns schon gleich hinter den Schloßmauern durch brusthohes Wiesengestrüpp bergauf Richtung Bourg-Argental.
Monsieur Claude Au revoir!
Wo ist hier der Weg?
Der Wetterbericht versprach für heute Temperaturen bis 32 Grad, aber wir waren schon nach den ersten 30 Minuten vollkommen durchgeschwitzt. Auf einsamen Feldwegen wandern wir durch hügelige Fluren immer bergauf und bergab, begleitet von unzähligen leuchtgelben Ginsterbüschen am Wegesrand. Kurz vor Bourg-Argental überqueren wir auf der schönen, alten Holzbrücke den Fluss Dèôme. Heute ist im Städtchen Markttag und so lässt sich das bunte Treiben schnell erklären. An den Ständen wird alles angeboten was Region und Handwerk zu bieten hat und es macht Spaß das Völkchen beim Feilschen und Kaufen zu sehen. Schnell sitzen wir in einem Café, haben beste Sicht auf den Markt und entdecken im Trubel „unsere“ drei Pilgerinnen aus Oberbayern und Österreich. Die Wiedersehensfreude ist groß und wenig später ratschen wir schon bei einem leckeren Cappuccino. Die Mädels reisen heute nach Hause und so ist die Verabschiedung viel später als geplant. Im Tourismusbüro holen wir noch schnell den Stempel und auf geht`s nach Sètoux. Der nun folgende Streckenteil gehört mit zu den schönsten auf dem französischen Jakobsweg und bietet immer wieder wunderbare Blicke ins Tal und auf die Berge des Pilat.
Pilgerbruder in seiner natürlichen Umgebung
Berg voraus
Der leichte Wind lässt die mehr als 30 Grad gut aushalten, aber die vielen Höhenmeter machen uns heute richtig zu schaffen. Das Nachtanken der Wasserflaschen gestaltet sich schwieriger als erwartet, da die kleinen Weiler am Wegesrand zum Teil menschenleer oder gar nicht bewohnt sind. Im Weiler Board haben wir endlich Glück. Eine super nette Omi zeigt uns nicht nur den Dorfbrunnen, sondern stellt auch gleich noch drei Liegestühle raus. Diese herzliche Einladung können wir nicht ausschlagen und so sitzen wir vor dem alten Bauernhaus, essen unsere Brote und trinken frisches Quellwasser. Einfach, aber gut. Gestärkt und wieder bei Kräften geht es durch den Nadelwald immer nur bergauf zur Schutzhütte Abri d‘Aiguebelle. Als wir endlich die Hütte erreichen, sind wir ausgepumpt und brauchen dringenst eine Pause. Mehr als 3 Stunden laufen wir jetzt nur bergauf und der „Sch….“ Berggipfel ist immer noch nicht in Sicht. Als uns wenig später ein kleiner Rentner locker und lässig überholt, sich dafür sogar noch entschuldigt, packt uns der Ehrgeiz und die letzten Kräfte werden mobilisiert. Der Drehzahlmesser zittert im roten Bereich, aber wenige Minuten später sind wir endlich oben am Berg. Geschafft !!!
Beeindruckende Kulisse
Mittlerweile sieht man die Strapazen
Endlich geht es bergab. Auf Wald und Wiesenwegen laufen wir nach Les Sètoux und kurz vor unserem Zielort sehen wir zum ersten Mal am Horizont die grandiose Vulkanlandschaft der Auvergne. Beeindruckt von den Vulkankegeln genießen wir diesen Anblick.
Wenn unsere heutige Herberge, der Gîte d’Étape in Les Sétoux auch so einen Eindruck hinterlässt, dürfte ja nichts schiefgehen. Leider ist dem nicht so, die Herberge steht einsam und verlassen am Ortsrand. Kein Mensch weit und breit, aber der Kühlschrank voller Getränke. Wir Pilger sind ja hart im nehmen, also abwarten und erstmal Bierchen trinken.
Pilger in Sicht
Erstmal Füße und Handy checken